Einige Gedanken .....

.....wiederum zu den Staatsmedien anlässlich des Todes von Rosemarie Fliess

Diese Bande scheint erheblich unter Druck geraten zu sein, schon wieder hat der RBB einen Bericht zum Tod von Rosemarie Fliess aus Reinickendorf,  der durch die Zwangsräumung ihrer Wohnung verursacht wurde, zusammengebastelt. Noch ausführlicher wird der Zustand der geräumten Wohnung, NACH der Räumung dargestellt. Und auch die Vermieterin erhält wieder ausgiebig Gelegenheit ihren Standpunkt zu verbreiten.

Wobei es sich lohnt einige Aussagen etwas genauer anzusehen. So äußert diese z. B. sie hätte sich bemüht Rosemarie Fliess über das Bezirksamt zu einer behindertengerechten Wohnung zu verhelfen. Vorher wurde aber ausführlich die Vermüllung der Wohnung (von wem auch immer verursacht) dargestellt, sowie die Belästigung und Beeinträchtigung der Nachbarn durch Rosemarie Fliess. Angeblich sollen schon verschiedene Nachbarn mit der Kündigung ihrer Wohnung gedroht haben. Da stellt sich die Frage, woher weiß die Vermieterin das denn, wie viele Wohnungen hat sie eigentlich in diesem Haus erworben?

Was sich eigentlich ändern sollte durch das Umziehen von Rosemarie Fliess in eine behindertengerechte Wohnung, wenn doch das angebliche Hauptproblem die Vermüllung der Wohnung bzw. die Belästigung der Nachbarn war, erschließt sich nicht. Die Aufnahmen der Abendschau vom 14.04.2013 scheinen identisch mit den Aufnahmen von Kontraste am 16.5.2013 zu sein (in Kontraste ausführlichere Aufnahmen). Auffällig ist allerdings, dass letztere, insbesondere die aus dem Wohnzimmer, plötzlich sehr dunkel gehalten sind. Beim Bericht der Abendschau war noch sehr deutlich die saubere Grundstruktur des Raumes zu sehen und das Bemühen der Bewohnerin zu spüren eine sogenannte gutbürgerliche Gemütlichkeit herzustellen. Da müssen wohl Befürchtungen bestehen, dass da so mancher nicht so gut betuchte Mensch sein eigenes Wohnzimmer wiedererkennt. Die Mühe, die sich schon in der Abendschau gegeben wurde, ein bestimmtes Bild zu erzeugen, setzt sich im Kontraste-Beitrag fort. Krampfhaft wird versucht den Eindruck zu zerstören, welcher sich unmittelbar bei dem Geschehen um Rosemarie Fliess aufdrängt, nämlich, dass dieses Szenario sich bei jedem Menschen der unteren Schichten, aber inzwischen auch der Mittelschicht dieser Gesellschaft, ergeben kann.

Auch bei Kontraste hinterfragt niemand kritisch die Haltung und die Stellung der Wohnungseigentümerin. Über wie viele Wohnungen verfügt sie eigentlich und was für Pläne hat sie mit dieser und evtl. weiteren Wohnungen, wie viel höhere Rendite erwartet sie für die zwangsgeräumte Wohnung wären doch Fragen gewesen, welche mit Sicherheit die Öffentlichkeit interessiert hätten.

Leider keine solche Hinterfragung durch die Journalisten, stattdessen, wie schon im Beitrag der Abendschau, ein raffiniert gestalteter Bericht um die Wirkung den der Tod von Rosemarie Fliess in der Bevölkerung erzielt hat, zu neutralisieren. Die musikalische Untermalung einzelner Passagen in diesem Bericht deuten auch wieder daraufhin, dass hier großes Theater abgezogen wird, die Verbindung der Vermieterin zum RBB muss wohl noch enger sein als wie wir schon vermutet haben.

Aber letzten Endes ist dies alles kein Problem der Vermieterin oder der Abendschau bzw. Kontraste, sondern es ist ein Problem der hier herrschenden kapitalistischen Verhältnisse.

Durch den Fleiß und die Kraft der arbeitenden Menschen werden Wohnsiedlungen errichtet, für die ja auch noch die Steuergelder, insbesondere der nicht so gut betuchten Menschen, verwendet werden. Das Hochziehen von riesigen Wohnsiedlungen mit massiver Unterstützung durch öffentliche Mittel war doch jahrzehntelang (im Westteil) an der Tagesordnung.

Das Zerstören von Wohnkulturen/Wohngemeinschaften durch das kapitalistische Privatisieren von Teilen solcher Großsiedlungen oder solcher Siedlungen insgesamt, ist doch überdeutlich. Die Verbundenheit, die doch lange Zeit in solchen Wohnsiedlungen geherrscht hat, ist doch oftmals auf mannigfacher Art zerschlagen worden. Dass sich viele Mieter ihre, teilweise auch auf sehr dubiose Art, veräußerte Wohnung nicht mehr leisten können, ist doch nur ein Teilaspekt. Die Spannungen und Verwerfungen, die entstehen, wenn in solchen Häusern Menschen mit unterschiedlichen Rechten wohnen, haben auch einen Anteil an komplizierten und teuren Wohnsituationen. Ganz anders geht es aber in der Regel noch zur Sache, wenn sogenannte Großinvestoren sich die Wohnungen aus dem vormals sozialen Wohnungsbau oder den in Volkseigentum gestandenen Wohnsiedlungen der ehemaligen DDR unter den Nagel reißen.

Diese unvermeidliche, in der Natur des Kapitalismus angelegte, immer stärker werdende Vorgehensweise alles zur Ware zu machen und höchstmöglichen Profit zu erzielen, führt auch immer stärker zur Verelendung, der arbeitenden Menschen. Verwerfungen, wie sie durch die Wohnungsfrage, die Energiefrage, die Arbeitslosigkeit bei einigen betroffenen Menschen hervorgerufen werden, sind eben nicht ausschließlich subjektive Defizite, sondern im Wesentlichen Ergebnisse der herrschenden kapitalistischen Verhältnisse.

Das ist doch kein Zufall, dass sich insbesondere in den letzten 2-3 Jahrzehnten Vorgänge wie Vernachlässigung von Kindern, Alkoholismus oder Drogenkonsum, Wahnsinnsaktionen von Schülern an ihren Mitschülern und Lehrern, und diverse andere Verwerfungen und Exzesse häufen. Neben sicherlich auch subjektiven Faktoren spielt doch das Zerschlagen bzw. Ausgliedern von Industrie und den anderen Möglichkeiten sich durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen und eine Perspektive zu haben, eine wesentliche Rolle bei dieser Entwicklung. Gerade das Zerschlagen weiter Teile der industriellen Grundlage, gerade auch in den Gebieten der ehemaligen DDR hat doch zu enormen Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur geführt. Auch die Verirrung von Jugendlichen in die Nazi-Szene hat doch etwas mit diesen Veränderungen zu tun.

Die Journalisten von Abendschau und Kontraste hinterfragen diese Situation nicht, ob sie es nicht wollen oder ob sie es nicht dürfen, wissen wir nicht. Der Charakter dieser Beiträge ist jedenfalls übel, aber Aufschlussreich ist der Bericht schon.

Zum Schluss kommt ein professoraler Mietrechtsexperte der FU zu Wort. Dieser äußert sich abfällig über die „…billig und gerecht denkende, bildzeitungslesende Volksseele…“ die über diesen Umgang mit Rosemarie Fliess empört ist. Ob die Menschen nun Bild lesen oder nicht, sei mal dahin gestellt, wenn sie einen derartigen Umgang mit einer fast siebzigjährigen Frau nicht in Ordnung finden, haben sie zumindest eine höhere soziale Kompetenz wie der Herr Professor. Schönen Dank jedenfalls für die Bestätigung auch unserer Einschätzung und Beobachtung, dass dieser Vorgang in der Bevölkerung wahrgenommen und verurteilt wird. Sonst müsste sich ja auch Frau Vermieterin in Kooperation mit dem RBB nicht so viel Mühe geben, bei dem Versuch sich reinzuwaschen.

Zum Schluss sagt Herr Professor noch einen wichtigen Satz über den wir alle gründlich nachdenken sollten: „…aber wenn wir einmal das Privateigentum auf dem Mietmarkt akzeptieren, dann müssen wir auch akzeptieren, dass der Vermieter irgendwann die Chance haben muss zwangsweise an sein Objekt ranzukommen, wenn der Mieter es partout nicht wieder hergibt, obwohl er für den Vermieter untragbar geworden ist.“

Die Werte, die in der Gesellschaft von den arbeitenden Menschen geschaffen wurden, und die sich die Kapitalisten angeeignet haben, also insbesondere die geklauten Werte, die dann als Privateigentum an Arbeitsstätten, Wohnsiedlungen und so weiter firmieren, ob wir diesen Zustand tatsächlich dauerhaft akzeptieren sollten, darüber müssen wir unbedingt intensiv nachdenken.

K. Lehmann/Elke Haber                                                                   Berlin, den 17.5.2013